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Ich bin hier für etwas...

Dieser Satz geht mir schon seit einiger Zeit durch den Kopf. Um ihn herum sammeln sich Worte, die ich ablehne, sortiere, streiche und poliere. Jeder dieser Sätze sollte derjenige sein, der am besten geeignet ist und so verstanden wird, wie ich sie verstehe.

1. November 2017

Ich zündete zum ersten Mal eine Kerze an der Mauer an, die den städtischen Friedhof in Liegnitz umgibt. Eine Mauer, die aus Tausenden von Grabsteinen der Vorkriegsbewohner von Liegnitz errichtet wurde. Ein paar Tage später, dank des Fotos einer Kerze, welches in sozialen Medien veröffentlicht wurde traf ich Barbara Anna Siwik, die 1939 in Liegnitz geboren wurde. Hätte ich seinerzeit erahnen können, dass sie nicht die einzige Person aus der Vorkriegszeit in Liegnitz sein würde, die ich kenne? Nein, zu der Zeit wusste ich das auch noch nicht.

6. Oktober 2018

In den Mauern des Kupfermuseums in Liegnitz fand ein Autorentreffen mit Barbara Anna Siwik geboren Larisch statt. Ihr Buch "Der unwegsame Pfad der Zeit" ist eine Geschichte über die Familie der Autorin. Ein Teil dieses Treffens fand in der deutschen Stadt Liegnitz statt. Ihre Verbindung mit dieser Stadt in der sie geboren wurde, mit der Stadt, in der sie die Gräber ihrer Liebsten hinterließ, zerbrach im Juni 1945, als Liegnitz bereits Lignica war.

Christa wurde bereits nach dem Krieg in Deutschland geboren, aber ihre Familie kam aus Liegnitz. Auf der Webseite Muzeum Miedzi w Legnicy sah sie einen Eintrag über Barbara Siwik.und setzte sich mit ihr in Verbindung. Barbaras Familie wohnte ein paar Straßen entfernt von der Jürke Familie. Barbaras Eltern, Gertruda und Franz Larisch, wohnten in der Gerichtstraße 35, im Bezirk Karthaus. Ihre Adresse ist im Liegnitzer Einwohnerbuch von 1939 zu finden, auf Seite 178.Gut! Dort fand ihn Christa im Jahr 2021. Und es begann, wenn auch unmerklich, unsere kleine Geschichte. Sie las Barbaras Roman und begann mit der Autorin zu korrespondieren. Sie erwähnte ihre Pläne, Legnica zu besuchen. Basia entschied dann, dass Christa mich kennenlernen sollte.

In der ersten E-Mail fragte meine neue Bekannte: "Was denkst du, auf welchem Friedhof ist mein Großvater begraben? Paul Julius Joseph Jürke wurde am 19. Januar 1865, in Lobris (Luboradz) geboren und starb in Liegnitz am 4.07.1942.

Was ich denke? Ich saß da und starrte auf den Monitor und Gefühle durchströmten mich. Emilia Larisch, gestorben am 27.05.1913 in Liegnitz war die Urgroßmutter von Basia. Hermann Gocke, gestorben am 06.10.1922 in Liegnitz ihr Urgroßvater. Hedwig Larisch starb am 25.3.1924 in Liegnitz und war ihre Großmutter. Monika Larisch, ihre Schwester, starb am 7.6.1945 in Lignica. Es sind deren Grabsteine die die die Friedhofsmauer bilden während ihre Überreste nirgends zu finden sind. Wurde deshalb Paul Jürke auf dem Friedhof in der Breslauer Straße begraben? Er war ein Katholik und gehörte der Johanneskirchengemeinde an. In Liegnitz gab es nur einen kommunalen, Friedhof, also musste er dort begraben werden. Genau wie Basias Vorfahren.

Ja, liebe Christa, dein Großvater ruhte auf einem Friedhof, der heute nicht mehr existiert. Bis 1960 war alles, was an die früheren Bewohner erinnerte, durch die neuen Bewohner mutwillig zerstört worden. Wir werden sein Grab nicht mehr finden, wir werden die Buchstaben auf seinem Grabstein nicht mehr lesen können. Deshalb wollen wir nun versuchen, ihn den heutigen Bewohnern von Liegnitz bekannt zu machen.

Christas Geschichte, Teil eins

Die Familie Jürke (Gürckes) siedelte sich in Niederschlesien wahrscheinlich schon im 17. Jahrhundert an. Die erste Erwähnung einer Person mit diesem Nachnamen fand ich in der Gemeinde des Dorfes Profen. Es gibt Informationen über einen gewissen Georg Gürcken, der am 29.05.1720 im Alter von 90 Jahren starb. Aus der gleichen Quelle habe ich erfahren, dass George drei Söhne hatte. Sie heirateten nacheinander in den Jahren 1711 (Andreas), 1717 (Johann Franz °° Maria Maywald) und 1718 (Michael), alle in Profen1. Meine Vorfahren sind Johann Franz Gürcke und Maria Maywald.

Die Familie lebte eine Zeit lang in Profen, zog aber später nach Lobris2um. Dort heirateten im 19. Jahrhundert Maria Karolina Jürke und Johan Carl Joseph Speer. Die Familie ließ sich später in Jauer3. nieder. Marias Mann starb im Alter von 33 Jahren und vier Monate später verlor sie auch ihren vierjährigen Sohn. Die Witwe war zu diesem Zeitpunkt erst 29 Jahre alt. Wahrscheinlich tief unglücklich, kehrte sie nach kurzer Zeit in ihr Heimatdorf Lobris zurück. Ein paar Jahre später brachte sie einen unehelichen Sohn zur Welt, Paul Julius Joseph, meinen Großvater. Paul hat man den Namen der Mutter gegeben: Jürke.

Die nächste Information, auf die ich in den Dokumenten stieß, war die Heiratsurkunde meiner Großeltern. Am 27.07.1901 heiratete Paul Julius Joseph Jürke Emma Clara Friebel. Sie ließen sich in Liegnitz4. nieder. Hier, in der großen Stadt, wurde Paul Julius bald Dachdeckermeister. Zusammen mit seinen Kindern Paul, Martha und Alfred (mein Vater) lebten sie im Steinweg 265 direkt neben der Kaiser Friedrich-Gedächtniskirche6. Alfred wurde am 20. Mai 1913 geboren. Vom 1. April 1927 bis zum 1. April 1931 absolvierte er eine vierjährige Malerlehre bei dem Malermeister Lokai in der Prinzenstraße 6. Damals wusste er noch nichts von der Existenz von Helene Knöper, seiner zukünftigen Frau, die zu diesem Zeitpunkt in den Niederlanden lebte und arbeitete.

Helene, 1912 in Unna geboren, wurde 1921 in einer Pflegefamilie in Reek in der Provinz Nordbrabant untergebracht. Warum, dass muss ich kurz erklären.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs befand sich Deutschland in einer tiefen Wirtschaftskrise. Die Arbeitslosigkeit war weit verbreitet. Eine große Anzahl von Kindern wurde dann mit Hilfe der römisch-katholische Kirche extern u.a. bei niederländischen Familien untergebracht. Sie waren billige Arbeitskräfte und arbeiteten oft als Hausangestellte oder in der Landwirtschaft. In Helenes Familie war die Situation nicht anders. Ihr Vater starb im Alter von 43 Jahren an einer Lungenentzündung, wahrscheinlich als Folge der langjährigen Arbeit im Bergbau. Mathilde, die Mutter von Helene, blieb mit neun Kindern allein zurück. Elisabeth war mit 15 Jahren die älteste. Theo der Jüngste war damals erst ein Jahr alt. Mathilde hatte wahrscheinlich keine andere Wahl, als ihre Kinder im Ausland unterzubringen und ihr Überleben zu sichern. Die drei Jüngsten wurden also in die Obhut von Familien in den Niederlanden gegeben. Der Jüngste, Theo, wurde auf einen Bauernhof gebracht, wo er bald begann, hart auf dem Land zu arbeiten. Meine Mutter war erst 8 Jahre alt, als sie in ein fremdes Land geschickt wurde. Sie hatte mehr Glück als Theo. Sie wurde im Haus des Bürgermeisters Wientjes in Reek untergebracht. Das kinderlose Paar hatte gute Absichten. Sie schickten Helene in die Grundschule von Reek sodass sie später ihre Ausbildung fortsetzen konnte. Sie absolvierte eine Ausbildung zur Krankenschwester in Rosmalen. Erst nach dem Tod des Bürgermeisters Wientjes, 1936, kehrte sie nach Unna zurück. Sie ließ sich in der Kaiserstraße nieder, einer schönen Kastanienallee neben dem Kurgarten, der gebaut wurde, als Unna-Königsborn eine Kurstadt wurde. Bei einem ihrer Spaziergänge im Kurgarten traf sie meinen Vater, der als Wachsoldat den Ort bewachte.

Alfred Jürke Helene Knöper

Alfred und Helene heirateten im Februar 1943 in Unna. Bald darauf wurde ihr Sohn Alfred Josef Franz geboren. Leider starb er im Alter von 2 Monaten an einer Lungenentzündung, die auf einen Mangel an Medikamenten in der Kriegszeit zurückzuführen war. Im Februar 1944 erhielt Alfred vier Tage Urlaub, um von der Front zur Beerdigung seines Sohnes zu kommen. Ab 1938 diente er im 54. Infanterieregiment in Grünberg7. 1944 war er an der niederländischen Grenze stationiert. Am 25. Januar 1945 wurde er von den Amerikanern gefangen genommen. Dies geschah in Neuburg, in Elsass-Lothringen. Er wurde am 30. September 1946 entlassen.

Alfreds Eltern, Paul Julius und Emma Jürke, lebten während des Zweiten Weltkriegs zusammen mit ihrer Tochter Martha in Liegnitz. Leider starb Paul Julius schon früh im Juli 1942 und die Frauen blieben allein zurück.

Paul Julius Joseph Jürke Emma Klara Jürke, geb. Friebel Martha Jürke

Christa's Geschichte, Teil zwei

Am 8. und 9. Februar 1945 erreichte die Front Liegnitz und die Stadt fiel endgültig in die Hände der Roten Armee. Ich konnte nicht genau feststellen, wann meine Großmutter Emma mit ihrer Tochter Martha aufbrach und ihre geliebte Heimat verlassen mussten. Ich weiß nicht, ob sie die Stadt mit dem Zug oder einem anderen Verkehrsmittel verlassen haben. Der Bahnhof war zwar nur ein paar Straßen von ihrer Wohnung im Steinweg entfernt, aber es war eine schreckliche Zeit, um zu fliehen. Könnten dann Züge fahren? Ich weiß auch nicht, wie lange sie bis nach Görlitz8 brauchten, das war ihre erste Station. Emma war zum fraglichen Zeitpunkt fast 74 Jahre alt.

Seit Mitte Januar 1944 rechneten die Görlitzer mit einem herannahenden Flüchtlingstsunami wie 2015 in Deutschland. Mehr als 100.000 Vertriebene aus Ober- und Niederschlesien zogen durch die Stadt oder fanden hier Unterkunft. „Sogar Kinos und Restaurants dienten ihnen als Unterkunft. Die Sterblichkeitsrate, insbesondere in den Krankenhäusern, war so hoch, dass die Toten in der Nikolaikirche aufbewahrt wurden, da es nicht möglich war, alle Leichen sofort zu begraben. Am 18. Februar 1945 erhielten die Einwohner von Görlitz den Befehl zur Evakuierung. Am selben Tag griffen 18 sowietische Flugzeuge die Stadt an.9.

Eine weitere Spur von Emma und Martha findet sich in Sulzbach-Rosenberg in Niederbayern. Auf der Meldekarte in Sulzbach steht, dass sie am 25. Februar 1945 aus Görlitz, wo sie in der Pontestraße wohnten, hierher kamen. Nachdem die Evakuierung von Görlitz angeordnet wurde, waren Emma und Martha gezwungen, die Stadt zu verlassen. Sie mussten viele Tage unterwegs gewesen sein, denn von Görlitz bis Sulzbach-Rosenberg sind es etwa 400 km. Wie sie diese Strecke im eiskalten Winter zurückgelegt haben weiß ich auch nicht. Schließlich erreichten sie Bruchsal, weitere 300 km entfernt. Diese Stadt erwies sich als das Ende ihrer dramatischen Reise. Emma lebte dort bis zu ihrem Tod am 26. März 1967. Meine Großmutter verstarb im Alter von fast 96 Jahren. In ihrem Wohnzimmer hing ein Bild von der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche, das sie an ihr geliebtes Liegnitz und Nederschlesien erinnerte.


Podziękowanie

In der Ausgabe vom 10. Juli 1942 des "Liegnitzer Tageblatts" fand ich eine "Danksagung", ein übliches Dankeschön an die Beerdigungsteilnehmer für ihre Anwesenheit bei der Zeremonie. Der Zettel war mit Emmas Namen unterzeichnet. Ich schickte einen Scan an Christa, und es stellte sich heraus, dass er ein Familiengeheimnis enthielt.

- Als ich die "Danksagung" in der Liegnitzer Zeitung sah, war ich sehr erfreut. Ein Echo der Vergangenheit erreichte mich, die Worte meiner Großmutter. Diese Nachricht führte jedoch zu einer weiteren Frage: Im Text der Danksagung wird Paul bereits als Großvater bezeichnet. Das ist überraschend, denn sein erstes Enkelkind wurde im November 1943 geboren und er starb bereits im Juli 1942. Ich muss dem nachgehen! Zumal die Geschwister meines Vaters, soweit ich weiß, keine Kinder hatten. Hanna, Du Wunderbare, nach all den Jahren bist du über mein Familiengeheimnis gestolpert....

- Vielleicht hast du mich deshalb kennengelernt, Christa...

Kwiaty na pomniku

Hanna Szurczak, Christa Rosier. November 2021

Übersetzt von Jörg Giessler, Schönes Schlesien, Landsmannschaft Schlesien, Initiative zur Erhaltung Schlesischer Kulturgüter, Stiftung ev. Schlesien.

Przypisy

  1. Profen nennt sich heute Mściwojów
  2. Lobris ist das heutige Luboradz
  3. Jauer ist das Jawor von heute
  4. Liegnitz ist das heutige Legnica
  5. Steinweg ist die heutige Kamienna
  6. Die Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche ist die heutige Heiligtum des hl. Jack
  7. Grünberg ist das Zielona Góra von heute
  8. Görlitz liegt ca. 100 km von Legnica entfernt
  9. Christa zitiert hier den Bericht der Archivarin Hoche aus dem Görlitzer Archiv



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